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unbekannter Rundfunkempfänger [Beitrag #780] Fr., 19 Oktober 2012 16:26
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Beim Ankauf eines Radiokonvolutes kam ein Gerät mit zu mir, was auf den ersten (äußeren) Blick einwandfrei ein bei Rema Stollberg zwischen 1958 bis 1961 gefertigter Rema Tenor II war. Die Rückwand ergab Modifikationen, der Blick ins Innere eine ganz große Überraschung. Anders als erwartet, sah ich nicht das gewohnte Aluminiumchassis mit einem reinen UKW Empfänger mit 13 Kreisen und Eintakt-A-Endstufe, sondern ein UKW Chassis mit Gegentaktendstufe und der Bestückung ECC85, EF89, EF89, EF89, EABC80, ECC83, 2xEL84, EZ 81 und EM 80, datiert auf Anfang/ Mitte 1960.
Das verwendete Chassis besteht aus Stahlblech und alle Löcher sind gestanzt. Im gesamten Gerät befindet sich keine Niete, alles ist verschraubt. Der UKW Tuner ist ein Standardtuner (Sekretär bis Werder/ Müggel). Der Lautsprecher und der Ausgangsübertrager stammen vom Stradivari 2/ 3, Schaltsatz und Gehäuse werden vom Rema Tenor II beigetragen. Alle Konstruktionselemente sind extrem professionell und weisen keinen einzigen Fehler auf, der dem Bastler hier und da einfach passiert. Kein einziges Loch im Chassis ist nicht auf die Baukonzeption zugeschnitten. Die Schwungmasse ist gedrehter Stahl, Tunerantrieb wie Skalenführungsräder sind aus gedrehtem Aluminium. Der elektrische Aufbau ist sehr sorgfältig ausgeführt, es gibt kaum (fehleranfällige) Folienkondensatoren, die Bauelemente sind an keiner Stelle mit einem Stück Draht „angestückelt".
Fazit des hier vorliegenden 10-Kreisers mit extrem schmalbandiger ZF ist einfach, dass er für einen Industrieempfänger zu unrentabel und mit zuviel zugelieferten Einzelteilen bestückt ist, für ein Bastlergerät ist das gestanzte Chassis und die absolute Fehlerfreiheit merkwürdig.

Ein Rema-Mitarbeiter hätte wohl den empfindlichen Rema-UKW Tuner verwendet, einer vom Stern Radio Rochlitz, den vom Stradivari. Alle größeren Teile stammen von aktuellen Seriengeräten der Zeit, für einen Bastler kaum zu beschaffen. Die Zeit für den Eigenbau derartiger Geräte war 1959 eigentlich vorbei, in den Läden standen neben sehr guten UKW Empfängern auch Großsuper- und so viel billiger dürfte dieses Gerät auch nicht gewesen sein.

Akustisch ist das kleine Gehäuse etwas überfordert, die Stradivari Krawalltüte braucht etwas Stabileres als zierliche Rema Arbeit, um den Bass auch „rauszulassen". Die Empfangsleistung und der Klang bei leiserer Wiedergabe sind nicht zu verachten.

Kann so ein Gerät auch eine Meisterarbeit gewesen sein?

Wem ist im östlichen Teil Deutschlands schon mal ein ähnlich professionelles Gerät untergekommen, was keinem Hersteller zuzuordnen ist?

Ingo Pötschke

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Bild 1 ein fast normaler "Tenor II" (bis auf die Drehknöpfe vom Erfurt II)

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Bild 2 Überraschung

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Bild 3 Chassis von vorn mit Skala

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Bild 4 Chassis von hinten

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Bild 5 Ansicht von unten

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Bild 6 Detail Klanganzeige und Antrieb (Schwungmasse)

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Bild 7 der Rema Schaltsatz im Chassis, keinerlei Schleif- oder Feilmarken

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Bild 8 Detail der Verdrahtung (ZF), links NF

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Bild 9 Der Hainichener Ausgangsstempel - Altersnachweis

[Aktualisiert am: Fr., 19 Oktober 2012 16:32]

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