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icon11.gif  Das deutsche Nachkriegs-Staatsfernsehen wird auch 60 Jahre alt [Beitrag #1360] Fr., 21 Dezember 2012 14:09 Zum nächsten Beitrag gehen
MonsieurTélévision
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Das deutsche Nachkriegs-Staatsfernsehen wird 60 Jahre alt.
Pünktlich zur Weihnachtszeit (25.12.1952) überraschten uns die Macher aus der ARD-Anstalt im Jahre
1952 mit einem offiziellen Fernsehprogramm. Die Technik war alltagstauglich geworden!
Wäre das nicht ein Grund zum Feiern? Was gibt es denn zu feiern? Für wen und wer sollte die
Feierlichkeiten ausrichten?
Die heutigen Offiziellen der ARD-Anstalt haben mit den Technikbegeisterten der frühen Jahre
nichts mehr gemeinsam. Ja sie ziehen sich sogar aus der Verantwortung Museen zu unterstützen
zurück.
Siehe:
http://www.wumpus-gollum-forum.de/forum/board/deutsches-rund funk-museum/deutsches-rundfunk-museum/schliessung-des-deutsc hen-rundfunkmuseum-56_75.html

Heute dient das Fernsehen überwiegend der Selbstdarstellung und Propaganda der Parteien, je nach
politischer Ausrichtung des Bundeslandes.
Das ganze läuft undemokratisch und ohne Selbstkritik ab und berichtet wird über ARD-Interna nur in
der Tagespresse.
Vor diesem Hintergrund ist die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten schon ein
Fall für sich und weniger ein Grund zum Feiern.
Wen wundert es da noch das Sendungen mit spärlichen Erinnerungen erst um 22.30 Uhr
ausgestrahlt werden?
Diese 16/9 kastrierten Sendungen, die ebenfalls eher dem Personenkult als der Erinnerung
an die damaligen Programminhalte und technischen Schwierigkeiten die es zu überwinden galt,
erinnern, sind eher als „bescheiden" anzusehen.
Wer diese Sendungen im Kleingedruckten der Programmzeitschriften übersehen hat, hat (leider)
auch nichts verpaßt.
Als Sammler, Kenner und Historiker fühlt man sich umso mehr vergackeiert, wenn die Macher aus
der Anstalt den Fernsehstart 1952 filmtechnisch mit einem Grundig Standfernsehempfänger (Baujahr
Mitte 50er Jahre) dem Publikum verkaufen wollen. Die meisten unter uns kennen sicherlich diese
Szene:
Opa, Tochter und Enkelsohn sitzen (viel zu dicht!) vor einem Grundig Fernsehempfänger mit 43cm
Bildröhre (habe jetzt kein Handbuch des RGH zur Hand, sonst würde ich Euch noch den Typ
verraten).
Ebenso könnte man dann auch in einer Reportage Napoleon mit einer Dampflok ins Rheinland
einreisen lassen.
Wenn schon das Fernsehen selbst nicht ansprechend feiert, wie steht es da um sie Sammlerszene?
In den deutschsprachigen Foren und auch in dem letzten Heft des GFGF sucht man vergeblich
nach Veranstaltungen und Beiträgen der TV-Sammler.
An dieser Stelle packe ich mich auch an die eigene Nase und frage mich ob wohl im Hinblick auf das
kommende Jahr in dem das staatliche Zwangs-Pay-Tv nun auch von allen Schichten der Bevölkerung
steuerfinanziert werden muß, vielen die Lust an Aktionen genommen hat?
Als nächstes müssen alle Bürger Hundesteuer bezahlen, egal ob sie einen Hund haben oder nicht.
Im Grunde muß man es bedauern, daß trotz Vereinswesen keine medienwirksamen Austellungen
organisiert wurden, gilt es doch unser Hobby und die damit verbundene wissenschaftliche Arbeit
breiten Bevölkerungsschichten zugänglich zu machen.
Wenn es nicht gelingt die Generation „Facebook" für unser Anliegen zu mobilisieren, werden in 20
Jahren viele Rundfunk- und Fernsehempfänger da landen wo sie zum großen Teil herkommen, auf
dem Müll!
Somit kann man den sechzigsten Geburtstag der ARD als verpaßte Chance ansehen, zum Nachteil
aller Beteiligten.
Bleibt die Frage, wie feiern andere?
Eine der größten Fernsehnationen Europas feierte dieses Jahr ebenfalls seinen sechzigsten
Geburtstag (bezogen auf das Nachkriegsfernsehen): ITALIEN !
Nun, ich kann Euch sagen das man dort zu Feiern versteht! Noch vor der Bundesrepublik führte
Italien das „Versuchsfernsehen" ein. Dieses „Versuchsfernsehen" war jedoch in Qualität und
Quantität dem deutschen Programmangebot (egal ob Ost- oder West-Fernsehen) haushoch
überlegen. Im Jahre 1954 wurde der Programmbetrieb dann als regulär erklärt.
Wenn man alte italienische Programmzeitungen vorliegen hat und regelmäßig das Programm
von RAI 1,2,3 und RAI Storia (ehemals RAI Rewind) verfolgt, kommt man zwangsläufig zu diesem
positiven Ergebnis.
Wie hingegen aus der alten deutschen Fachpresse (Funkschau & Co.) zu entnehmen ist, war das
deutsche Fernsehprogramm anfangs nicht der Renner, auch die Tatsache das man kein tägliches
Programm ausstrahlen wollte gab Anlaß zum Nachdenken. Man stelle sich vor, das Internet oder der
Rundfunk würde an bestimmten Wochentagen abgeschaltet.
Weiterführend:
http://www.tvprogramme.de.vu/
http://www.das-waren-noch-zeiten.de/hoerzu.htm
In Anerkennung an das bisher geleistete verwöhnte die RAI ihre Zuschauer über Wochen regelmäßig
Abends, Nachts bis in den frühen Morgen mit historischen Wiederholungen, Zusammenschnitten
und Diskussionsbeiträgen alter Zeitzeugen.
Ohnehin ist es in Italien üblich, auf einzelnen Kanälen einen Rückgriff in die Geschichte zu tätigen
um Lehrreiches, Kritisches, Unterhaltsames und Musikalisches neu aufzuwärmen.
Deshalb alles Gute zum sechzigsten Geburtstag verbunden mit der Bitte, daß historische
Programmbeiträge auch weiterhin überwiegend im originalen 4/3 Format ausgestrahlt werden!

Zum Abschluß möchte ich noch einen italienischen Zeitzeugen auf Röhrenbasis vorstellen, den
TV 14-1 aus dem Hause Effedibi (Turin). Als er 1952 das Licht der Welt erblickte war er bereits
mit einem 5-kanaligen Empfangsteil ausgestattet. Die Röhrenbestückung besteht aus einem
gesunden Noval-Rimlock-Mix. Nach meinem derzeitigen Wissenstand handelt es sich bei diesem
Exemplar offensichtlich um den letzten Mohikaner seines Typs.

Schöne Feiertage!

Euer MonsieurTélévision Rolling Eyes



P.S. Leider kann das Bild erst im nächsten Jahr dem Artikel folgen. Mad








Beam mich hoch Scotty, in Deutschland gibt es kein AM-Radio und kein 4/3 Fernsehen mehr!
Aw: Das deutsche Nachkriegs-Staatsfernsehen wird auch 60 Jahre alt [Beitrag #1369 ist eine Antwort auf Beitrag #1360] Fr., 21 Dezember 2012 20:25 Zum vorherigen Beitrag gehenZum nächsten Beitrag gehen
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Unser Monsieur Television hat es zwar nicht geschrieben, aber es entsteht der Eindruck, als ob das deutsche Nachkriegsfernsehen mit dem 25.12.1952 begann.
Nun das korrekte Datum ist der 21.12.1952 mit den regulären und offiziellen Fernsehsendungen des Deutschen Fernsehfunks aus Berlin (DDR). Da mag jede Menge Politik und kalter Krieg dabei gewesen sein.

Ein paar Daten aus der Frühzeit (DDR):

- 30.10.1949 Beginn der Planungen für Fernsehzentrum Berlin-Adlershof
- 01.08.1950 erste Versuchssendungen durch rundfunk- und fernsehtechnisches Institut
- 29.02.1951 regulärer Versuchsbetrieb mit 100 W Bildsender vom Berliner Stadthaus
- 04.06.1952 Richtfunkstrecke zwischen Adlershof und Stadthaus, Probesendungen 60-90 Minuten täglich

Noch etwas zum Thema Fernsehen in der Funkgeschichte. Die Kritik ist grundsätzlich richtig, jedoch kann der Redakteur nicht jedes relevante Datum aus gut 130 Jahren Funkhistorie (und mehr)im Kopf haben. Hier sind potentielle und aktive Autoren gefragt. Wenn jeder Spezialist aus seinem Fachgebiet berichten würde, hätten wir auch 60 Jahre Fernsehen gewürdigt.
Zum Thema ARD und Co- warten wir mal ab, was es nächstes Jahr zu 90 Jahren Rundfunk in Deutschland geben wird..

Viele Grüße

Ingo Pötschke
Aw: Das deutsche Nachkriegs-Staatsfernsehen wird auch 60 Jahre alt [Beitrag #1370 ist eine Antwort auf Beitrag #1369] Fr., 21 Dezember 2012 21:53 Zum vorherigen Beitrag gehenZum nächsten Beitrag gehen
MonsieurTélévision
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Hallo Herr Pötschke,

Korrekt, jedoch fehlte mir die Zeit auch auf das DDR-Fernsehen einzugehen.
An das DDR-Fernsehen erinnert heute ohnehin keiner mehr, auch aus politischem
Hintergrund! Shocked
Aufgrund der aktuellen politschen Probleme kann man keinen Anspruch im Fernsehen
erwarten, da müssen Euro-Durchhalteparolen gedroschen werden. Confused
Da müssen Niederlagen als Erfolge umgetauft werden.
Schon der "Alte" (Siegfried Lowitz) bemängelte das Fehlen anspruchsvoller
Fernsehspiele, stattdessen hagelt es Mädchen-, Frauen-, Modell- und Prostetuierten-
Morde, denn sowas bringt Quote.
Selbst Frauen-Boxkämpfe sind hoffähig geworden, dabei hatte man vor 30 Jahren
das Boxen aus ethischen Gründen vom Bildschirm verbannt. Ich halte es nicht
für Sport einem anderen Bürger vor einer gröhlenden Menge eine in die Fr....
zu schlagen bis er umfällt.

Noch etwas zum DDR-Fernsehen:
Über einen Freund in West-Berlin ließ ich mir damals im Wiedervereinigungstrubel,
oder sagen wir besser im ANSCHLUß-Trubel, 2 Sendungen aus Adlershof aufzeichnen.
Sie wurden an den letzten beiden Tagen des DDR-Fernsehens relativ unbeachtet
ausgestrahlt.
Neben wertvollen historischen Aufnahmen wurde auch daran erinnert, daß jetzt durch
die Gleichschaltung die Chance vertan wurde, daß NEUE demokratische Kräfte eine
ALTERNATIVE (... Passage durch Mod. gelöscht) aufgebaut hätten.
Hiervon hätte die GANZE Bundesrepublik profitiert, nicht aber die Regierigen!

Schönes Wochenende,

Euer MonsieurTélévision Rolling Eyes






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[Aktualisiert am: Mo., 24 Dezember 2012 14:19] vom Moderator

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Aw: Das deutsche Nachkriegs-Staatsfernsehen wird auch 60 Jahre alt [Beitrag #1409 ist eine Antwort auf Beitrag #1370] Mo., 24 Dezember 2012 14:55 Zum vorherigen Beitrag gehenZum nächsten Beitrag gehen
RVM-AP ist gerade offline  RVM-AP
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Ort: VS-Villingen, BW

Hallo, lieber MonsieurTélévision,
so fundamentiert Deine Ausführungen oben auch sind und mit welcher Mühe und Angagement sie recherchiert wurden - bitte versuche, dem Ziel des Forums nicht durch Meinungsäußerungen entgegen zu wirken.
Es ist für "Ossi" und "Wessi" sicher gleichermaßen unbestritten, dass bei der Wiedervereinigung einiges hätte anders gemacht werden können / sollen. Aber das ist nun mal so gelaufen und wir wollen (und können) das Rad der Geschichte nicht mehr zurück drehen.
Die jetzige Gesellschaft ist leistungsorientiert, und da ist es auch für die "Anstalten" eine Notwendigkeit, ihre Programme so zu gestalten, dass durch Einschaltquoten und Werbung der Betrieb kostendeckend (bei priv. Anstalten sogar gewinnbringend) erfolgt.
Auch die öffentlich-rechtlichen, die sich ja unter Anderem aus Gebühren finanzieren, stecken in dem Dilemma, um Einschaltquoten buhlen zu müssen - trotzdem sind sie wohl die einzigen (halt durch die Gebühren), die auch mal ein "Nischenprogramm" ausstrahlen. (Mit geringer Einschaltquote aber hohen Informationsgehalt für eine Minderheit).
Deshalb halte ich persönlich die Rundfunkgebühren für die Einzige Möglichkeit, um ein unabhängiges öffentlich-rechtliches Programm empfangen zu können. Und genau wie bei Versicherungen werden hier durch alle Gebührenzahler die Ausstrahlungen finanziert, welche nur einer Minderheit zu Gute kommen.
Aus eigenem Erleben - schau dich mal in der US-Amerikanischen Rundfunk- und Fernsehwelt um - da hab ich mich nach dem hiesigen öffentlich-rechtlichem gesehnt...
(Wer nur "DummDumm"-Sendungen sehen will, hat ja genügend Alternativen...)

So, Ein frohes Fest Euch allen

Andreas


Gruß
RVM-AP
Aw: Das deutsche Nachkriegs-Staatsfernsehen wird auch 60 Jahre alt [Beitrag #1500 ist eine Antwort auf Beitrag #1409] Mi., 02 Januar 2013 20:23 Zum vorherigen Beitrag gehen
MonsieurTélévision
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Ort: Zuhause
Ein frohes neues Jahr allen Lesern!

Bin leider im Moment knapp mit der Zeit ausgestattet.
Deshalb erstmal in Kürze:
http://www.focus.de/kultur/medien/rundfunkbeitrag-fuer-medie n-moloch-so-verschleudern-ard-und-zdf-7-5-milliarden-euro_ai d_890515.html

Gruß,

MonsieurTélévision Rolling Eyes


Beam mich hoch Scotty, in Deutschland gibt es kein AM-Radio und kein 4/3 Fernsehen mehr!
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