Das GFGF-Forum
Das Forum der GFGF für Freunde der Funkgeschichte

Startseite » Röhrenradios und andere alte Empfänger » Radios » Grundsatzfrage: Sollen bei der Restaurierung eines Röhrenradios ALLE Papierkondensatoren raus? (Restaurierung)
Aw: Grundsatzfrage: Sollen bei der Restaurierung eines Röhrenradios ALLE Papierkondensatoren raus? [Beitrag #4383 ist eine Antwort auf Beitrag #4382] Sa., 21 Dezember 2013 23:41 Zum vorherigen Beitrag gehenZum vorherigen Beitrag gehen
Getter
Beiträge: 1871
Registriert: Juli 2012
Ort: In Hör-Reichweite der au...
Hallo Ingo,
wennn Du willst, sende mir Deine defekten Cs.
Ich kann die Kapazität dann mal mit verschiedenen Geräten messen, sowohl mit einem 'ordinären' Digital-Messgerät, als auch mit einer Brücke* und nach dem oben schon von 'röhrenradiofreak' angegebenen Resonanzverfahren, wobei auch ich die Erfahrung gemacht habe, dass diesem am ehesten zu trauen ist.
*Brücke : Da gibt es zwei verschiedene Brückentypen - einer kommt mit diesem Problem klar, die andere Type nicht !
Ebenfalls kann ich dann mal die Isolation zB. bei 500V DC bestimmen.

--------

Das Alter des Gerätes anno 1965 zeigt : Die Lebensdauer von trockenen Papier-Cs ist entsprechend klein.
Und sie ist auch stark abhängig von der verwendeten Papiersorte, dem Herstellungsverfahren, den Herst.-Bedingungen, etc. Manche Papiersorten scheiden über die Jahrzehnte Säure ab - im Kondensator wirkt das natürlich wie eine Elektrolyt-Tränkung des Dieelektrikums.
Die Lebensdauer ist wohl realistisch eher mit 15...20 Jahren anzusetzen - ein in der Konsumelektronik üblicher Wert, nach dessen Ablauf man ohnehin neu kaufen soll. Probeweise gemessene (trockene) Wima MP3 und Rifa MP aus Anfang der 1990er Jahre lagen jedenfalls in der Regel (!) bereits außer Toleranz, d.h. unterhalb 1GOhm und bei späterer Belastung mit der angegebenen Nenn-Wechselspannung bei 40°C/50Hz über mehrere Stunden hinweg sind diese dann oft mit Kurzschluss oder Explosion ausgefallen - allerdings immer erst nach einigen Minuten oder Stunden !
Das zeigt, dass es überhaupt keinen Sinn macht, hier sparen zu wollen oder fragwürdige Bauteile noch großartig zu messen - es sei denn, man misst unter entsprechenden Bedingungen und über mehrere Stunden hinweg, jedes Bauteil einzeln... viel Spaß dabei.. ich hätte Besseres zu tun !
Soll ein Gerät wirklich korrekt und sicher funktionieren, müssen alle Papier-Cs heraus - ausnahmslos. Ganz einfach !
Messen gibt aber in jedem Fall Sinn, solange man noch nicht weiß, was von einer bestimmten Bauart /Bauform zu halten ist, also was für eine Art Kondensator es ist. Hat man dann ein oder zwei Exemplare außer Toleranz gefunden, wirft man alle dieses Typs heraus - das Messen der anderen wäre dann nur Zeitverschwendung. Selbst, wenn die Mehrheit noch gut scheint, sie werden es in Kürze auch nicht mehr sein, oder schon nach einigen Betriebsstunden nicht mehr...

Hochwertige Ölpapier-Cs (MPs von Siemens/Bosch und SEL sowie die Siemens Sikatrop) haben in aller Regel weit besseres Alterungsverhalten und viele Exemplare sind auch in einem Alter von 60 Jahren noch einwandfrei.
Allerdings sagt 'Ölpapier' zunächst noch nichts aus - von anderen Herstellern gibt es auch Ölpapier-Cs, die ausnahmslos genau so unbrauchbar sind, wie es die entsprechenden, ähnlich alten trockenen Papier-Cs sind; also hat dort die Ölfüllung nicht zu besserem Alterungsverhalten geführt.

Zu diesem Thema noch zwei Punkte - immer wieder sehe ich, dass Sammler zwar sehr viel Geld für bestimmte, gesuchte Geräte ausgeben, sich dann aber mit billiger 'Mess'-Technik behelfen wollen; dort wird dann plötzlich gespart. Gibt das Sinn ?

Zweitens :
Oben wurden von 'audion' Epoxidharz-vergossene Papier-Cs angesprochen. Diese gab es auch in der DDR, ich würde ihnen ebenfalls nicht mehr trauen.
Ganz sicher weiß ich das jedenfalls von den bekannten >BRD-Typen< : Wima 'Durolit' (schlecht zu beschreibende Farbe) und Roederstein 'EROID' (hübsch weinrot oder goldgelb). Auf beiden Typen steht die jeweilige Bezeichnung klar angegeben. Diese haben zwar besseres Alterungsverhalten als wachs-, teer- oder sonstwie geschützte Typen, sind aber auch grundsätzlich zu ersetzen. Leider werden diese immer noch im Netz und auf Märkten angeboten, sogar oft als 'NOS', doch das macht sie nicht besser.
Man kann diese Typen als geradezu 'hinterhältig' bezeichnen : Diese zeigen zunächst meist korrekte Kapazität und (meist noch) gute Isolation, schlagen aber später im Gerät unter Betriebsbedingungen, also bei Betriebstemperatur und anliegender Spannung oft nach einigen Tagen oder Wochen plötzlich 'hart' durch ! Sie entwickeln meist nicht die sonst üblichen einigen -zig bis hunderte kOhm, sondern stellen einen echten Kurzschluss dar, wobei oft großer Schaden die Folge ist.
Weg damit, sofort und ausnahmslos vernichten !
Hier ein Bild dieser Sorte Cs :

index.php?t=getfile&id=2004&private=0

Zu diesem Thema ist auch das .pdf zu empfehlen, das 'mike jordan' angehängt hat in Beitrag 4068, dabei nur beachten, dass es sich um einen Scan aus einem Datenblatt anno 1980 handelt - einige Grenzwerte sowie gültige Bestimmungen können sich geändert haben - aber an der grundsätzlichen Sachlage ändert das natürlich nichts.
https:// www.gfgf.org/Forum/index.php?t=msg&th=1439&goto=4068 &#msg_4068

Grüße aus HH !
  • Anhang: DUROERO1.JPG
    (Größe: 206.49KB, 4192 mal heruntergeladen)
 
Gelesene Nachricht icon5.gif
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Vorheriges Thema: Viele, viele Rundfunkgeräte!
Nächstes Thema: Radiokalender 2014
Gehe zum Forum:
  


aktuelle Zeit: So. Mai 19 07:38:22 CEST 2024