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Aw: Wie lange hat Loewe Röhren hergestellt ? [Beitrag #6214 ist eine Antwort auf Beitrag #6144] Sa., 11 Oktober 2014 23:54 Zum vorherigen Beitrag gehenZum vorherigen Beitrag gehen
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Hallo zusammen,

ich habe hier eine Schrift aus dem GFGF-Archiv von Dr. Paul Kapteyn, der bei Loewe in der Röhrenentwicklung und -Herstellung tätig war und der die Geschichte der Loewe Röhrenfertigung im Januar 1968 beruhend auf seinen eigenen Erinnerungen aufgeschrieben hat.
In dem dreiseitigen Text beschreibt er die Verlagerung der Röhrenfertigung im Jahr 1943 nach einem Bombenangriff auf das Werk Berlin nach Grünberg in Schlesien. Im Februar 1945 sollte diese Fabrik dann, in der vor allem RV12P2000 (etwa 1 Million Stück) gefertigt wurden, mit der von Osten her vorrückenden Front, wieder nach Berlin zurückverlagert werden.
Es konnten jedoch nur noch die wenigsten Maschinen nach Berlin zurückverlagert werden, da die Frontlinie immer näher rückte und bis unmittelbar vor dem Einrücken feindlicher Kräfte ein Abtransport von Fabrikanlagen behördlich streng verboten war. Zwar suchte man noch nach einem besser geeigneten Verlagerungsort in Bayern oder Thüringen, jedoch war an eine neue Aufnahme der Röhrenproduktion im Krieg nicht mehr zu denken. Berlin wurde am 25. April 1945 von der russischen Armee besetzt und das öffentliche und wirtschaftliche Leben war an einem Tiefpunkt angelangt.
Die Loewe Röhrenfertigung hielt sich mit motivierten Mitarbeitern, die anfangs teilweise umsonst arbeiteten und der Fertigung von Vasen, Schnapsgläsern und Kochtöpfen über Wasser. Da eine große Nachfrage nach Radioröhren bestand, konnte Loewe gegen Ende der 40er Jahren wieder mit der Fertigung von Elektronenröhren beginnen.
Man ging eine Kooperation mit einer Firma ein (Name unbekannt), die schon gegen Ende des Krieges Gleichrichterröhren herstellen wollte. Diese Firma konnte viele Maschinen und Material zur Verfügung stellen, forderte aber 50% der Loewe Röhrenproduktion zum Sonderpreis als „Pachtzins" für Maschinen und Material.

Ein Versuch, Maschinen aus einem ehemaligen Zweigwerk in Oberlungwitz in Sachsen wieder in das Röhrenwerk zu bringen, schlug fehl, ebenso die Zusammenarbeit mit einer neu errichteten Filiale im Berliner Osten (Röhrenfabrik Weißensee).

Loewe fertigte laut Dr. Kapteyn in der Röhrenfabrik in Steglitz nach dem Krieg zunächst direkt geheizte Endröhren für Kinoverstärker und Röhren der Vorkriegs-A-Serie von Valvo und Telefunken.
Da man aber an der aktuellen Entwicklung Teil haben wollte, entwickelte man Stahlröhren in Pressglasausführung mit Kunststoffsockel. Diese Fertigung sollte keine bestehenden Patente verletzen und musste ohne spezielle Fertigungsautomaten auskommen. 1952 (wahrscheinlich auch schon 1-2 Jahre früher; Anm. DB) konnten die Loewe Radioapparate dann wieder mit eigenen Röhren ausgestattet werden.

Mit Philips schloss Loewe 1953 einen Liefervertrag über die Röhren der A-, E- und U-Serie ab. Dieser Liefervertrag sorgte 10 Jahre für Vollbeschäftigung in der Loewe Röhrenfabrik Berlin Steglitz. Die Fertigung wurde noch auf Rimlock Röhren umgestellt, Philips lieferte hierzu eine Einschmelz- und Drehfuß Automatenstrecke.

Die Röhrenfertigung bei Loewe endete 1963, als eine neuerliche Umstellung der Technik auf Novalröhren fällig geworden wäre. Die notwendigen Investitionen wurden in anderen Geschäftbereichen getätigt, da man der Röhre durch die aufkommende Transistortechnik keine lange Lebensdauer mehr zutraute.
Fast alle in der Röhrenfertigung freigewordenen Mitarbeiter fanden eine neue Arbeitsstelle in der neu gegründeten Abteilung für Blitzgeräte.

Als Nachtrag lässt sich sagen, dass die Loewe Röhren in den 50er Jahren vor allem für den Ersatzbedarf hergestellt haben dürfte. Auch die Rimlockröhren waren schon seit spätestes Mitte der 50er Jahre nicht mehr in neuen Geräten zu finden. Wahrscheinlich wurden die Röhren auch unter Philips- und nicht unter Loewe-Label verkauft. Damit lässt sich erklären, weshalb keine Loewe Rimlock und auch nur wenig neuere Loewe Röhren der A-, E- und U-Serie bekannt sind.

Ich bin natürlich (wie immer) sehr dankbar für alle Hinweise und Berichtigungen dieses Beitrags, vor allem, da der Text nur auf einer Quelle, die gerne im GFGF-Archiv eingesehen werden kann, beruht.
Wer hat weitere Bilder und Infos zu neueren Loewe Röhren?

Dirk Becker



Quelle: Loewe Röhrenentwicklung 1943-1960; Dr. Paul Kapteyn; Loewe Archiv
Siehe auch: ECF12 von loewe Opta in Glas





Dirk Becker / Anode

[Aktualisiert am: So., 12 Oktober 2014 19:19]

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