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Glühlampe oder Kondensator als Vorschaltwiderstand [Beitrag #1072] Do., 29 November 2012 11:46 Zum vorherigen Beitrag gehen
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Kürzlich in Dresden während der AREB: In der Röhrenwühlkiste eines Verkäufers sehe ich eine E27-Glühbirne sorgfältig auf einem Außenkontaktsockel montiert und mit Isolierband befestigt. Solche Raritäten gefallen mir, und bei einem Preis von einem Euro fiel die Entscheidung zum Kauf nicht schwer. Eine Überprüfung ergab, dass es sich um eine "normale" 50-Watt-Glühbirne für 230 V (früher sicherlich 220 V) handelt.
Aber was soll das? Das fragt sich nicht nur der technische Laie. Vielleicht ist die Umsockelung eine Möglichkeit, das EU-Glühlampen-Produktionsverbot zu umgehen? Oder war das als Innenbeleuchtung im Radiogehäuse vorgesehen, damit der Techniker die Fehler schneller findet...

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Nein - offensichtlich nichts von diesen naheliegenden Ideen. Beim Betrachten des Glühwendels in der Birne fiel mir natürlich gleich eine gewisse Ähnlichkeit mit den eisernen Glühdrähten in einem Eisen-Wasserstoff-Widerstand (EW) ein.
Und das ist wohl des Rätsels Lösung. Die Eisen-Wasserstoff-Widerstände dienten in Allstromgeräten der 1930er-Jahre zur Stromregelung im Heizkreis. Der Eisendraht ist ein Kaltleiter, und in der Wasserstoffatmosphäre erhöht sich der Widerstand ab etwa 700 Grad sehr stark. Das bedeutet: Je höher der durchfließende Strom, um so höher die Temperatur und damit der Widerstand. Es stellt sich auch bei schwankender Netzspannung eine relativ konstanter Stromfluss ein.

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Die gemessene U/I-Kurve

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Die gemessene U/R-Kurve

Wie bei jeder "normale" Glühbirne ist die Lebensdauer des Glühfadens eines EW nicht unendlich, d. h. er brennt irgendwann durch. Und wenn das ausgerechnet dann passiert, wenn kein Ersatz zur Hand ist, z. B. kurz nach Kriegsende, dann muss sich der Reparateur was einfallen lassen. Die Glühbirne mit Außenkontaktsockel ist offensichtlich das Ergebnis des Nachdenkens.
Der (Wofram)-Glühwendel ist schließlich auch ein Kaltleiter. Meine Messungen an diesem Objekt ergaben 70 Ohm Kaltwiderstand und im Betrieb (bei 230 Volt) etwa 1 Kilohm. Die U/R-Kurve ist über den Spannungsbereich nicht linear, und im oberen Bereich steigt sie steiler an. Wie beim EW! Die U/I-Kurve ist auch gekrümmt, allerdings nicht so ideal (plateauartig) wie beim EW, aber im mittleren Spannungsbereich liegt der Strom in einer Größenordnung, dass damit C-Röhren geheizt werden könnten (mit etwas Unterheizung, aber es müsste irgendwie gehen...)

Ach ja, bevor ich es vergesse: Die Anschlussbelegung des Topfsockels entspricht z. B. den Typen EW1 oder EW12.

Habe zur Zeit leider kein Radio (z. B. Blaupunkt 4GW65), um das "Ding" auszuprobieren. Wäre interessant, die Werte mal in der Praxis zu messen und zu sehen, ob die "Riesenbirne" überhaupt in ein Radio reinpasst.

Auf jeden Fall ist es ein schönes Exemplar für meine Röhrenvitrine!

Literatur
[1] Höngen, H.: Hilfsröhren. Jakob Schneider-Verlag, Berlin 1946
[2] Beier, W.: Röhrentaschenbuch, Band 2, VEB Verlag Technik, Berlin 1962


  • Anhang: U_R_Kurve.JPG
    (Größe: 56.38KB, 2077 mal heruntergeladen)


Peter von Bechen
Redaktion Funkgeschichte

[Aktualisiert am: Sa., 22 Dezember 2012 23:24] vom Moderator

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