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Aw: Heizkreis Kodensator / Heizkondensator [Beitrag #1162 ist eine Antwort auf Beitrag #1158] So., 09 Dezember 2012 13:04 Zum vorherigen Beitrag gehenZum vorherigen Beitrag gehen
Anonymous
Hmm ...13 Beiträge sind blöde. Also mache ich mir noch einen vierzehnten.

Vielleicht schreibe ich ganz einfach mal, worum es hier eigentlich geht.

"Alternative Vorwiderstände" können auch Bauelemente sein, die eigentlich gar keine Widerstände sind. Oder zumindest nicht auf den ersten Blick wie Festwiderstände aussehen. Typische Einsatzzwecke für Vorwiderstände betreffen z.B. Anlaßwiderstände bei Elektromotoren, Schutzwiderstände für Gleichrichter, Heizwiderstände für die Serienheizung von Röhren in Allstromgeräten (z.B. U-Röhren, z.B. Philips Philetta, z.B. P-Röhren in Schwarzweißfernsehern, usw.).

Der sogenannte Heizwiderstand bzw. Heizkreis Widerstand (je nach Literaturquelle) stellt zwar eine sehr einfache und in der Fertigung einst sehr billige Lösung dar, soweit es darum geht, Röhren ohne einen Trafo direkt aus dem Stromnetz zu heizen. Als weiterer Vorzug funktioniert die Sache auch an Gleichstromnetzen (sogenanntes Allstromgerät), was jedoch derzeit ohne Bedeutung ist.

Leider ist der Heizwiderstand - alle Röhren in Serie und dann per Vorwiderstand ans Stromnetz - ein ziemlich "blödes" Bauteil. Die Heizfäden der Röhren haben einen sog. Kaltleitereffekt, d.h. man muß entweder einen sehr großen Prozentsatz der Heizleistung im Vorwiderstand "verbraten", oder aber während des Anheizens ist der Heizstrom zu groß. Was den vorzeitigen Ausfall von Röhren kleiner Heizleistung (z.B. Skalenlämpchen) bewirken kann. Außerdem wird die Leistungsaufnahme des Gerätes sehr erhöht. In aller Regel wurde der Heizkreis so ausgelegt, daß die Serienheizung der Röhren auch an 110 Volt funktioniert. Für 220 Volt wird dann einfach ein Vorwiderstand dazugeschaltet, was in der Praxis bedeutet, daß MINDESTENS die Hälfte der aufgenommenen Heizleistung ansonsten ungenutzt einfach nur in Abwärme verwandelt wird.

Es gibt demnach mindestens drei Gründe, den Heizwiderstand durch alternative Vorwiderstände zu ersetzen:

-> Begrenzung des Stromes während des Anheizens der Röhren
-> Reduzierung der Abwärme, besonders bei kleinen Gehäusen (z.B. Philetta, Sprünge links im Gehäuse)
-> Energie sparen

Für "Softstart" wurden schon sehr früh sogenannte Urdoxwiderstände verwendet. Das sind Heißleiter, die im kalten Zustand (beim Einschalten) relativ hochohmig sind, und später mit ihrer Erwärmung zunehmend niederohmig werden. Der Anheizvorgang dauert in solchen Geräten mitunter sehr lange (z.B. 3 bis 5 Minuten) und verläuft schonend. Nachteil dieser Lösung betrifft, daß die Zeitkonstande der Urdox Regelung eine andere ist, als diejenige der Heizfäden der Röhren. Der Urdox "prägt". Schaltet man nur kurzzeitig aus, funktioniert der "Softstart" nicht, bei Wackelkontakten im Heizkreis (z.B.) können Röhren mit empfindlichen Heizfäden Schaden nehmen. Geräte mit Urdox Widerständen im Heizkreis muß man vor dem Wiedereinschalten zuerst einige Minuten (z.B. 10 Minuten) abkühlen lassen, um Schäden beim Wiedereinschalten zuverlässig zu vermeiden.

Zur (zusätzlichen) Heizstromstabilisierung wurden daher schon sehr früh z.B. Eisen-Wasserstoff-Widerstände eingeführt, wie man sie noch bis in die 1960er Jahre in Meßgeräten vorfindet, oft in Kombination mit Urdox Widerständen (im Servicefall sehr schwierig zu ersetzen). Diese sehen aus wie Glühbirnen, oder sind "einfach nur" Glühbirnen, also Kaltleiter. Soweit während des Anheizens der natürliche Widerstand im Heizkreis der Röhren noch gering ist, fällt am Kaltleiter eine hohe Spannung ab, was bewirkt, daß der Kaltleiter stark erhitzt, und damit hochohmig wird. Damit wird die eventuell zu hohe Stromaufnahme ausgeregelt. Je dünner der Heizfaden, desto schneller die Regelung. Somit kann die Regelzeitkonstante angepaßt werden. Diese Regelung muß schneller sein als die Widerstandsänderung in den Heizfäden der Röhren. Kurzfristiges Wiedereinschalten oder gar Wackelkontakte werden somit ausgeregelt. Eine eventuelle Gasfüllung (Wasserstoff) bewirkt eine definierte, zudem durch Konvektion dynamische Kühlung des kaltleiter Glühfadens durch Gaskonvektion, sodaß die Arbeitskennlinie des Kaltleiters in Grenzen angepaßt werden kann.

Aus der Distanz betrachtet ist diese Kombination von Heiß- & Kaltleiter (Urdox plus Eisen-Wasserstoff) unsinnig, weil man letztlich in der "perfekten" Kombination von Heiß- & Kaltleiter wieder auf einen ganz einfachen, billigen ohmischen Vorwiderstand herauskommt. Es wirkt beinahe befremdlich, daß man diesen Weg trotzdem über ca. 30 Jahre beibehalten hat.

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Obwohl man die teils unnötige Abwärme bei Serienheizung anscheinend billigend in Kauf nimmt, ist es der unnötige Energieverbrauch, welcher in bestimmten Zeiten zum Umdenken zwingt. Ansätze zu "alternativen Vorwiderständen" findet man daher bevorzugt in Zeiten knapper Energieversorgung. Das betrifft sowohl die Zeit des 2. Weltkrieges als auch die Zeit der Energiekriese der 1970er Jahre. Eine politische Absicht ist mit meinen Postings nicht verbunden, zudem 1940er und 1970er Jahre in dieser Frage stark divergierten. Gefunden wurden mindestens vier technische Ansätze, von denen drei praktikabel sind:

-> Glühbirne normierter Anheizzeit als Vorwiderstand
-> Heizkreis Spule (nicht parxisgerecht)
-> Heizkreis Kondensator (brauchbar)
-> Heizkreis Diode

Eine einfache Diode, ohne Glättung, bewirkt (in etwa) eine Halbierung der effektiven Leistung. Man verwendet die 110 Volt Einstellung, und schaltet für 220 Volt einfach eine Halbleiterdiode (ohne jede Glättung) zu. Die effektive Heizleistung wird halbiert, ohne daß zusätzliche Abwärme entxteht. Im Gegenteil, symmetriert man mit der Netzteildiode, werden beide Halbwellen dr Netzspannung symmetrischer genutzt, was sehr im Sinne des Elektritzitätswerkes ist. Man findet diesen Ansatz in vielen Schwarzweiß Fernsehern der Energiekriese Zeit. Wer mit USA Geräten und ihren 110 Volt experimentiert, muß bedenken, daß die Isolation ausreichen muß. Die Diode als "Vorschaltwiderstand" halbiert zwar die effektive Leistung, nicht aber die nötigen Isolationsspannungen.

Die Heizkreis Glühbirne stabilisiert ein wenig den Anheizprozeß, und wurde zur klasischen Zeit bis hin zur "Stromstabilisiertungsröhre" durchentwickelt. Bei Überstrom erwärmt sich der Klaltleiter (Glühfaden), was zu einer Erhöhung seines Widerstandswertes und damit zu einer Ausregelung des Überstromes führt. In der Summe wird auch bei kurzfristigen Einschaltvorgängen nichts überlastet, und der Anheizvorgang betrifft bei optimierter Auslegung nur ca. 52 Sekunden (mindestens dreimal so schnell wie mit Urdox). Obwohl durchaus sinnig, kenne ich solche Ansätze mit "normalen Glühbirnen" nur aus dem Selbstlöter Bereich. Ich verweise auf den Glühbirnen Parallelthread. Im Profibereich wurden "optimierte Glühbirnen" zur Stromregelung verwendet.

Heizkreis Spulen erscheinen unsinig, weil die Spule sehr groß & teuer & brummig wird. Da hätte man dann besser einen Spartrafo verwenden können. Außerdem sind sie kritisch an Gleichstromnetzen. Zum Experimentieren eignen sich Vorschaltdrosseln für Neonlicht, sagen wir 30 Watt oder deutlich kleiner.

Der Vorschaltkondensator, jedoch, ist zu einem Klassiker avanciert, wurde auch von der Industrie genutzt. Da sich aufgrund der Phasendrehung zwischen dem Scheinwiderstand des Kondensators und dem Realwiderstand der Heizfäden der Gesamtwiderstand in quadratischer Addition ergibt, verläuft der Anheizprozeß sehr sanft, Widerstandsänderungen des Kaltleiters "Röhrenheizfaden" werden in Grenzen ausgeregelt. In der Schaltung sollten dennoch zwei reale ohmische Widerstände verwendet werden; einer zur Begrenzung des Stromstoßes der Kondensatorladung beim Einschalten, ein Zweiter zum definierten Entladen des Kondensators nach dem Ausschalten. Eine Sicherung ist sinnvoll, weil bei einer Erhöhung der Frequenz, etwa bei Wackelkontakten, ebenso der Innenwiderstand des Kondensators sinkt. Eine praxisgerechte Absicherung verspricht ein Skalenbirnchen, dessen empfindlicher Leuchtfaden idR. früher abbrennt als ein sanft glühender Heizfaden einer Röhre.

"Strom" wird mittels des Kondensators nicht "gespart", die Stromaufnahme im Heizkreis bleibt gleich. Allerdings wird die Stromaufnahme in Richtung einer Blindleistung verschoben, welche vom Zähler nicht gemessen wird, und bei den Elektritzitätswerken (meist) willkommen ist, weil die meisten Verbraucher induktiv schieben, sodaß eine Netzkompensation erfolgt. Der Heizkreis Kondensator erwärmt sich nicht, er läuft im Bereich der sogenannten Blindleistung. Damit wird, insbesondere bei kleinen Gehäusen, erheblich die Abwärme reduziert. Der Wirkungsgrad eines solchen Netzteils ist weit besser als derjenige eines Netzteils mit Trafo. Im Heizkreis wird nur die Wirkleistung zum Heizen der Röhren gemessen, und auch im Bereich der Anodenspannung entfällt jeglicher Trafoverlust.

Die beiden verbliebenen Methoden - Vorschaltdiode oder Vorschaltkondensator - eignen sich übrigens auch zum Dimmen klassischer Glühbirnen. Einfach Glühbirne über Vorschaltdiode einschalten, ein zweiter Schalter in Serie brückt dann bei Bedarf die Diode. Es steht bei Bedarf die volle Leistung der Glühbirne zur Verfügung, und es entsteht mit solchen "alternativen Vorschaltwiderständen" kein Elektrosmog, der AM Radio Empfang wird nicht beeinträchtigt.
 
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