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Aw: Kinoverstärker von 1947 [Beitrag #13066 ist eine Antwort auf Beitrag #13058] Fr., 07 September 2018 18:57 Zum vorherigen Beitrag gehenZum vorherigen Beitrag gehen
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Hallo 'Jotka',

ich kenne zwar die Herstellerfirma des Verstärkers auch nicht, es ist auf den Bildern und dem Konzept aber zu erkennen, dass es aus Teilen "zusammengeschustert" wurde, die noch irgendwo übrig waren, als Deutschland in Trümmern lag.

1) Wenn es wirklich so ist, dass nur eine der beiden EZ12 den Verstärker speiste, dürfte dies der schwächste Punkt des Gerätes sein. Die EZ12 verträgt 500V Sperrspannung und kann einen Strom von 100 mA liefern. Bei grenzwertiger Ausnutzung der Röhre stünden im Anodenkreis 500V / 100 mA = 50 Watt zur Verfügung.
Die "Sende"- Endröhren RL12P35 sind mit 30 W Anodenverlustleisung recht kräftige Röhren. Im Gegensatz etwa zur EL34 benötigen sie aber etwa 500V Anoden- und Gitter 2- Spannung, bevor sie zu 'leben' anfangen. Somit dürfte die Anodenspannung in dieser Größenordnung gelegen haben, das mussten auch die 10 Wickelkndensatoren aushalten, die den Netzbrumm absieben. Wenn die Endstufe gut symmetriert ist, konnte man durchaus damit leben, da die Gegentaktschaltung den Netzbrumm als Brückenschaltung gut unterdrückt.
Die direkte Ansteuerung der beiden Endröhren über eine Kathodyn- Phasenumkehrstufe mit einer EF13 ist auch eine heikle Sache, da die RL12P35 im Vergleich zu etwa einer EL34 nur eine geringe Steilheit von etwa 3 mA/V besitzen. Da wird man pro Endröhre schon 30V Tonspannung zwischen G1 und Kathode benötigen. Da die Kathodynstufe kaum verstärkt, muss die Aussteuerung der Phasenumkehrröhre bei insgesamt 60V Tonspannung liegen. Mit sehr hohen Betriebsspannungen kann man aber an dieser Röhre nicht unbedingt arbeiten, da die EF13 nur 250V A/K- Spannung verträgt. Die Verwendung der Regelpentoden EF13 ist wahrscheinlich auch aus der Not geboren, weil man diese eben da hatte. Bei den meisten ähnlichen alten Verstärkern wird meist die nicht regelbare EF12 als Vorstufen eingesetzt. Für die Abtastung des Lichttones von der Fotozelle (ABschnitt 2) ist eine Eingangsempfindlichkeit von ca. 20 mV (hochohmig) für Vollaussteuerung nötig, evtl. hatte aber der Projektor die erste Verstärkerstufe eingebaut.

2) Die zweite EZ12 könnte den Tonlampenoszillator gespeist haben.Die RS241, aus der 4V- Wicklung des Netztrafos direkt geheizt, könnte dieser "Tonlampen- Oszillator" sein. Beim Tonfilmprojektor durchstrahlt eine spezielle Glühlampe (Werte meistens 6V / 5A) über eine Spaltoptik die Tonspur des Filmes, auf der der zeitliche Verlauf des Tonsignals als analoge Zackenspur gespeichert ist. Das Licht dahinter ist mit dem Tonsignal analog helligkeitsmoduliert und wird auf eine Vakuumfotozelle gegeben, an der das NF- Signal abgenommen werden kann. Hierbei ist es wichtig, dass der Betriebsstrom der Tonlampe keine Störungen im Hörbereich enthält, die über den Lichtstrom und die Fotozelle hörbar werden. Deshalb wird die Lampe mit einem Wechselstrom einer Frequenz oberhalb des Hörbereichs gespeist. Der Tonlampenoszillator mit der RS241 müsste hier 30W in der Form 6V/ 5A abgegeben haben; es müsste dafür ein weiterer Transformator ähnlich einem Eintakt- Ausgangstrafo mit Rückkopplungswicklung vorhanden sein. Vielleicht gibt es Ausgangsbuchsen für "Tonlampe", ebenso wie es Eingangsbuchsen für die Fotozelle (mit ca. 60V überlagerter Gleichspannung) geben muss.

3) Zu einer evtl. Inbetriebnahmne: Der Verstärker sollte zunächst ohne EZ12 nach Einsetzen aller anderen Röhren über einen Regeltrafo vorsichtig hochgefahren werden, ob alle Röhren heizen und keine Überschläge im Netztrafo auftreten. In der frühen Nachkriegszeit wurde als Lagenisolation oft ssogar Zeitungspapier verwendet, dass heute die nötige Isolationsfestigkeit nicht mehr besitzt. Die Spannungsdifferenzen zwischen den einzelnen Wicklungen sind erheblich und betragen bis zu 500V. Es darf nicht funken, brutzeln oder rauchen. Ferner ist zu überprüfen, ob der Selengleicrichter eine negative Spannung (Plus an Chassis) liefert. Würde dieser Test bestanden, könnte nach Ersetzen aller Teer- vergossenen Kondnsatoren die Anodenspannung über ein geeignetes Netzgerät hochgeregelt werden. Hierbei sind auch die Netzdrosseln zu betrachten, dern Kern auf Masse liegt, aber die Wickung auf + 500V. Das muss die Isolation aushalten. Dass der Verstärker heute guten Gewissens wieder richtig betriebssicher zu bekommen ist, ist zu bezweifeln.

Ich schätze, dass der Verstärker auf ca. 30W Ausgangsleistung kam, was damals für einen mittelgroßen Kinosaal mit 200 - 300 Plätzen reichte. Das Potential der Endröhren konnte nicht auf den Maximalwert ausgenutzt werden, aber damals war man froh, wieder Ton zu haben.

Mit freundlichem Gruß


Ronald



 
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